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Durchaus ein politischer Mord

Im Kirchenbuch von Merklingen bin ich auf einen interessanten Beitrag gestoßen, den mein Vorfahr Bartholomäus Geiger betrifft. Im Sterberegister findet sich im Jahre 1707 ein längerer Text, der sich von den anderen Einträgen stark hervorhebt. Nach der ersten Transkription war ich dann doch recht erstaunt über dessen Geschichte.

Nach dem Marschall Villars am 23. Mai 1707 die Initiative ergriffen hatte und den Rhein bei Neuburg im Rücken der alliierten Stellungen überquerte, gab daraufhin das Reichsheer unter Markgraf Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth weitgehend kampflos die Bühl-Stollhofener Linie auf und zog sich unnötig weit bis Aalen und Ellwangen zurück. Damit wurden Baden sowie große Teile von Württemberg preisgegeben – so wurde Schorndorf am 15. Juni übergeben und die Franzosen rückten Ende Juni bis Schwäbisch Gmünd vor. Villars Kavallerie nutzte dies so weit wie möglich zu Plünderungen und Kontributionserhebungen bis vor Ulm und nach Franken.

Mit dem Schwieberdinger Vertrag war ein Friedensvertrag, mit dem sich das Herzogtum Württemberg eine Schonung durch die Truppen Frankreichs mittels des französischen Marschalls Villars für eine Million Gulden erkaufte. Somit scheint Merklingen und die umliegenden Ortschaft von den Plundereien erst einmal verschont.

Am 21.09.1707 war aber eine Gefolgschaft um den Leutnant Besserer1) im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieg unterwegs. Auf dessen Durchreise von Ulm kommend, erschoss er meinen Vorfahr Bartholomäus Geiger ( 1674;  1707) in einem Handgemenge vor den Toren von Merklingen. Vermutlich irgendwo zwischen dem damaligen Zollhäuschen und der Brücke über die Würm.

Die Berichtsbeschreibung im Kirchenbuch selbst ist sehr drastisch und dürfte fast schon als politischer Mord bezeichnet werden:

»d. 21. 7bis, inferi Mald Na; kam ein Leutnant, noc. Besserer von Schnixhangen "fuggerischen Regmls." mit 13 Comandorten Reütern von Ulm herunter, so da sich zu Wÿller Wald alle voll, u. fiengen unten beÿ der bruken allhier mit den Wache händel an, stossen u. hauten nach den Leüten, daß sie alle entlasten endl. würde zum geschlagen, da jedermann zu gelauffen zu wehren und diesen grossen infolenz zu weg gnom, worunter sich auch Bartholomay Geiger, ein frommer und waltenen junger Bürg, mit gefunden, so aber kein gewehr gehabt, als nun der Lieutenant gesehen daß man ihnen wolle zu stark werden, wie wohl an kein Hehl von den bürgern geschehen, schoß er nicht alle in selben unter die bürgern hinein, sondern notfalls auch seinen drübern, die, als wie mit Salve vom feind unten von Häussern geschossen, da dann sieben Waldens Mann, gar nicht warnen davon, sondern ziemlich in den Haussen gestanden getroffen worden, durch das Küfenzähn entzweÿ , die Lunge und den Schlund durch, und das Genickbein ab. daß die Kugel in Genick stecken blieben. So hernach von den Barbaren herauß geschnitten word. So daß Knall, Fall und Tadt nied gewesen. Seines alters 33. Jahr, 6. Monat wurde d. 23 hernach beÿ grossem gefolge zur Frieden bestattet.«

 Im September hatte Kurfürst Georg Ludwig von Hannover den Befehl über das Reichsheer übernommen und drängte Villars vollständig hinter den Rhein wieder zurück. Vermutlich eilte die Gefolgschaft entsprechend zur Hilfe, um dem Kurfürsten zur Hilfe zu eilen. Dies ist aber nur eine Vermutung, da keinerlei Hinweise auf den Grund der Druchreise notiert ist. Aber der »Mord« ist eindeutig vom Merklinger Pfarrer niedergeschrieben worden!

Nachfolgend noch der Originaleintrag im Merklinger Kirchenbuch, »Mischbuch, Band 2«, 1694-1784:

Merklingen, Mischbuch Band 2, 1694 1784, Bild 335 [2]

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1) Besserer, später Besserer von Thalfingen, ist der Name eines alten schwäbischen Adelsgeschlechts. Die Familie, deren letzter Zweig zu Beginn des 21. Jahrhunderts im Mannesstamm erlosch, war ursprünglich ein Stadtadelsgeschlecht der Freien Reichsstadt Ulm.

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Quellen:
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Wikipedia (DE), »Besserer (Schwäbisches Adelsgeschlecht)«, https://de.m.wikipedia.org/wiki/Besserer_(schw%C3%A4bisches_Adelsgeschlecht)

Bildnachweise:
[1] »Schlacht bei Nördlingen«, picture-alliance/dpa ( Ausschnitt)
[2] Merklinger Kirchenbuch, »Mischbuch, Band 2«, 1694-1784